
Über den Ursprung der Sackpfeife
86. Pipegeflüster der Dudelsackschule | Über den Ursprung der Sackpfeife
Peter Küng ist ein ambitionierter Piper und hat schon viele unserer Workshops besucht. Peter ist auch ein großer Förderer unserer Kinder-Ausbildung und hat einen wunderbaren Charme, den er schon viele Male mit in unsere Workshops gebracht hat. Wir sind sehr froh und stolz Peter als Teilnehmer mit in unseren Schulungen dabei zu haben und freuen uns immer auf gute Gespräche mit ihm. In diesem Artikel stellt uns Peter eine spannende Geschichte über den Ursprung der Sackpfeife zur Verfügung. Viel Spaß beim Lesen.
Über den Ursprung der Sackpfeife
Eine historische Reise durch die Zeit:
Eigentlich weiss man nicht wirklich, woher unser Instrument stammt. Einige behaupten, schon die Hirten, die bei Jesu Geburt dabei waren hätten darauf gespielt, andere verorten den Ursprung noch viel früher. Beweise allerdings fehlen.
Und so habe ich mir vorgenommen, dieses Rätsel zu lösen. Begonnen habe ich in unserem Nachbarland Österreich. Hat ein grosser Komponist wie Mozart jemals etwas geschrieben für Sackpfeife? Vielleicht den „Zauberdudelsack“? Aber nein, es hat nur für die Zauberflöte gereicht. Also weiter nach Süden. Etwa 90 Km westlich von Plovdiv in Bulgarien gibt es ein kleines, unbekanntes Kloster, das aber berühmt ist für seine Sammlung von historischen Instrumenten. Da trafen wir den Pater Musicus und der zeigte uns eine Tierhaut, ziemlich vergammelt, die man aufblasen konnte. Da hätte man dann die Pfeifen und Einblasrohre eingebunden und schon wäre die Sackpfeife komplett. Ich fand aber schnell heraus, dass das wohl ein Balkanmärchen war, für mich war nämlich völlig klar, dass dieses Ding eine Schwimmhilfe für Kinder war.
Meine Reise führte mich dann nach Sizilien, weil man munkelte, dass die Schäfer dort in den Hügeln Sackpfeifen hätten. Von Palermo aus fuhr ich hoch in die Berge und traf dort Don Andrea Corleone, einen Urenkel von Vito Corleone. Auf meine Frage behauptete er, dass die Sackpfeife ganz klar von Sizilien stammt. Aber natürlich fragte ich mich auch da nach Beweisen. Da legte er seine Lupara, die Sizilianische Schrotflinte vor sich auf den Tisch und sagte mit leiser, drohender Stimme „ Es wäre für deine Gesundheit, besser, wenn du meinen Worten glaubst“
So schnell wie ich war wohl noch keiner wieder in Palermo auf dem Flugplatz!
Nun gut, aufgeben kam für mich natürlich nicht in Frage und so ging die Reise weiter nach Paris. Da waren ich aber schnell fertig, wurde mir doch gleich zu Beginn beschieden, dass so ein barbarisches Instrument in den Pariser Salons nicht erwünscht sei.
Also weiter nach Schottland wo ich hoffte, definitiv fündig zu werden. Gleich die erste Person, die ich ansprach, nämlich Professor Angus MacColl versicherte mir, dass die Sackpfeife natürlich aus Schottland stammt. „The Bagpipe is Scotland, Scotland is the Bagpipe“ erklärte er mir mit grosser Bestimmtheit. Es hätte auch schon vor hunderten von Jahren eine Schule für diese Instrumente bestanden, irgendwo an der Westküste. Auch ihn fragte ich nach Beweisen, aber leider sind da wohl nur noch ein paar Steinhaufen übrig geblieben.
Aber trotzdem schien mir das als eine vielversprechende Spur.
Schlussendlich führte mich meine Forschung nach Deutschland, genauer gesagt nach Trebsen an die grossen Highland Games. Dort fragte ich die versammelten Koryphäen nach ihrer Meinung. Und da bekam ich zu hören, dass es doch schon seit Langem Sackpfeifen gäbe, z.B. Marktsack, Hümmelchen, Schäferpfeife. Aber richtig festlegen wollte sich Niemand. Ich bekam nur zu hören, die Wessis sagen so und die Ossis so und überhaupt. Keiner wollte sich die Finger verbrennen.
Und so blieb mir nichts anderes mehr übrig, als in der eigenen Heimat zu forschen, in der Schweiz.
Meine Reise brachte mich dann in unsere schöne Hauptstadt Bern und jetzt fand ich endlich echte Beweise. Seit bald 500 Jahren steht da in der Spitalgasse der berühmte Pfeiferbrunnen mit dem Sackpfeifer zuoberst auf der Brunnensäule.
So eine Ehre wird einem ja nicht von heute auf morgen zuteil, sondern es braucht jahrelange Höchstleistungen um dahin zu gelangen. Auch wird so ein Monument meist erst nach dem Tod des zu ehrenden erstellt. Bis jetzt hat man aber nicht gewusst, um wen es sich da handelt. Ich bin tief in die Archive eingetaucht und kann heute mit Gewissheit sagen, dass hier Josef Inderbitzin verewigt ist. Josef war als „Pfeifersepp“ weit über seine Heimat hinaus bekannt. Er stammt aus der Pfeifer und Fiedler Dynastie der Inderbitzins. Diese lebten hoch in den Bergen auf dem Balmerhof im Tal der Krimme und sommers auf der Balmeralp, da wo die Krimme entspringt.
Ganz tief versteckt in den Archiven fand ich aber Hinweise auf einen eigentlichen Skandal um diese Brunnenfigur. Ich weiss heute, dass eigentlich vorgesehen war Josefs jüngeren Bruder Rochus, genannt Rochi auf die Säule zu stellen. Rochi war schon in jungen Jahren ein herausragender Musikant und ein wahres Genie mit der Sachpfeife. Daneben war er auch ein grosser Gams und Hirschjäger aber halt auch ein ebenso grosser Schürzenjäger und dies wurde ihm zum Verhängnis als er sich an die falsche Frau heranmachte. Die Bürger des Krimmetals legten ihm nahe, das Tal zu verlassen. Manche Quellen behaupten sogar, er wäre mit Schimpf und Schande davon gejagt und sogar mit einem Fluch belegt worden. Wie auch immer, jedenfalls treffe ich Rochi schon zwei Tage später in Frankreich.
Als allererstes wollte Rochi nun seinen Namen ändern. Einerseits war er nicht sicher, ob er nicht doch verfolgt würde aber noch wichtiger, die Franzosen konnten mit Rochus Inderbitzin nichts anfangen. Roschüs Änderbis war noch das Netteste, was er zu hören bekam. Und so kam er auf die Idee, sich nach seiner Herkunft, nämlich dem Krimmetal, einfach Krimmer zu nennen.
Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen spielt er überall wo Musik gefragt war, sei es auf Hochzeiten, auf Märkten oder zur Kirmes. Auch bei den Damen war er nicht unbeliebt. Diese erzählten sich aber, wenn sie unter sich waren, dass der Krimmer zwar ein kräftiger Bergsteiger sei, es ihm aber an Raffinesse fehle. Unser Held hatte aber willige Lehrerinnen und lernte schnell. Doch dann, ich glaube es war in Limoges, war es wieder mal soweit. Nur mit einem kühnen Sprung durch das Schlafzimmer Fenster konnte er sich vor dem scharfen Degen des Hausherrn retten. Und so musste er auch hier die Zelte abbrechen und sich neue Ziele suchen.
Schon bald stand er am Kanal und schnorrte sich eine Passage nach England. Hier gedachte er, sein bisheriges Leben weiter zu führen, zu musizieren und es sich ganz allgemein gut gehen zu lassen. Leider kannten die Engländer sein Instrument noch nicht und die Melodien waren ihnen ganz fremd. Auch mit der Sprache kam er nicht zurecht und so hatte er auch bei den Ladies kaum Erfolg, aber die wenigen, die ihn kennen lernten erzählten noch ihren Urenkelinnen mit glänzenden Augen von ihren Begegnungen mit dem Mann aus den Bergen und starke Gene zeigen sich noch nach Generationen.
Diese junge Dame kennen sie sehr wahrscheinlich. Es zeigt Diana, Princess of Wales im Alter von etwa 30 Jahren. Vielleicht fragen sie sich, was diese schöne Frau mit dem Krimmer gemeinsam haben könnte? Bitte beachten sie die Kopfhaltung aber ganz besonders die Position und Haltung der Hände! Eindeutiger kann ein Beweis doch wohl gar nicht sein!
Je länger je mehr verleidete ihm aber sein Leben. Inzwischen waren seit seiner Flucht schon bald fünf Jahre vergangen und das Heimweh plagte ihn immer stärker. Die Berge, der Schnee, das wilde, freie Leben, die Jagd , all dies nicht mehr zu haben machte ihn traurig und verzagt.
Da hörte er, dass es weit im Norden eine Gegend gäbe, wo genau das alles noch zu haben war und so machte Rochus sich auf den Weg. Er hielt sich ganz im Westen, weil er auch das Meer richtig sehen wollte. Nach etwa einem Monat türmte sich vor ihm ein mächtiger Wall auf. Für ihn natürlich kein Hindernis und erst später erfuhr er, dass er den römischen Hadrians Wall bestiegen hatte. Von oben blicke er über das Land, sah steile Berge, die Schnee bedeckten Gipfel in den Wolken und unten das tosende Meer und das Herz ging im auf. Genau was er gesucht hatte. Gleich versuchte er mit einem Schafhirten ins Gespräch zu kommen. Zwar verstand er kein Wort, aber die Laute, die der gute Mann von sich gab, nämlich Loch und Broch erinnerten ihn doch sehr stark an sein heimatliches Loch und Bruch und Ach und so beschloss Rochus oder eben Krimmer: Hier bleibe ich.
Jetzt, wo Rochi seine neue Heimat gefunden hatte, war es auch Zeit eine Familie zu gründen. In der Person von Caitlin O’Connor fand er seine ideale Partnerin, stammte sie doch aus der irischen Musikerfamilie der O’Connors. Dieser Zweig brachte über Jahrhunderte begnadete Sängerinnen hervor und erst vor wenigen Jahren brach die Tradition ab mit dem viel zu frühen Tod Sinead O’Connors.
Die Beiden heirateten und übers Jahr brachte Caitlin gesunde Zwillingen zur Welt. Sie bestand darauf, dass diese irische Namen erhalten sollten und so taufte man den etwas älteren auf Peadar und den anderen auf Donall und weil sie eben Söhne vom Krimmer waren hiessen sie Peadar MacKrimmer und Donall MacKrimmer. Die Zwei wurden von Caitlin streng aber liebevoll erzogen und erhielten natürlich jeden Tag musikalischen Unterricht von beiden Eltern.
Rochus wurde schon bald sehr geschätzt weil er sich immer tatkräftig für seine neuen Freunde einsetzte. Gerade wenn es gegen die Sassenachs ging, war er immer an der Spitze zu finden, sein gefürchtetes Schwert – noch von Bartolomeo Beretta persönlich geschmiedet – fest in der Faust.
Und abends, vor dem lodernden Kaminfeuer, tat er immer kräftig mit, wenn die Krüge mit dem Schottischen Wasser des Lebens, eben Uisge beatha, kreisten. Schliesslich war er ja zu Hause mit dem würzigen Enzianschnaps aufgewachsen.
Auch in vielen anderen Dingen, wie z.B. der Bekleidung und natürlich seinem geliebten Dudelsack war er ein grosses Vorbild heute würde man ihn wohl Influenzer nennen.
Schauen wir uns die Brunnenfigur nochmal an. Was sehen wir hier? Genau, einen Mann mit Rock und Bauchtasche und Schuhen, mit denen er durch sumpfiges Gelände laufen konnte. Dazu an seiner Seite einen richtigen Degen, wie es sich für einen Krimmetaler gehörte.
Mit so einem Messerchen halb versteckt im Strumpf, wie es heutzutage offenbar Mode ist, hätte der Pfeifersepp höchstens die Klauen seiner Schafe geputzt. Aber als Wichtigstes, sein Instrument, eine Sackpfeife mit zwei Dronen, gerade so, wie es manche von euch spielen, auch wenn eigentlich drei Dronen vorhanden sind.
Immer wieder wurde Rochi nach seiner Kopfbedeckung gefragt und jedes mal erklärte er, dass das rote Tuch als Windschutz gebraucht wurde, wenn auf der Balmeralp der Sturm gar kalt tobte, aber normalerweise wurde das Tuch weggelassen. Die Schotten brachten diesen Hut immer mit Balmeralp in Verbindung und aus Balmeralp wurde bald Balmoral und nun wisst ihr, wieso diese eben Balmoral heisst.
Ganz ähnlich verhielt es sich mit der Bekleidung. Die Frauen im Krimmetal konnten damals nur schwere Leinenstoffe weben und mussten sie im Ganzen in den Farben der Inderbitzins einfärben. Nämlich weiss für den Schnee, blau für den Himmel und rot für das Blut ihrer Feinde und gerade von dieser Farbe war immer genügend vorhanden. Erst die schottischen Frauen konnten die feine Schafwolle spinnen und in ihren Farben weben und weil die Stoffe so weich waren fügten sie gleich noch ein paar Falten mehr ein.
Peadar und Donall wuchsen zu hervorragenden Musikern heran. Obwohl Zwillinge entwickelten sie sich doch unterschiedlich. Peadar, etwas näher zu Caitlin, wurde zur Legende auf der irischen Harfe verbunden mit Minnegesang. Donall hingegen schlug seinem Vater nach. Wie Rochus liebte auch er das freie Leben und die Jagd. Hinter vorgehaltener Hand wird noch heute gemunkelt, er hätte wohl nicht nur Graugänse und Schneehühner gejagt . . . Aber seine grosse Leidenschaft war die Bagpipe, auf der er zu ganz grossen Meisterschaft heranwuchs.
Schon bald sprach sich der Ruf der Brüder in der ganzen damals bekannten Welt herum und immer mehr Schüler wollten von den Beiden unterrichtet werden. Und wenn die Clan Chiefs fragten, wohin die anderen den ihre Piper und Harper schicken würden, viel immer der Name; zu den MacKrimmers natürlich. Nun klingt MacKrimmers ziemlich sperrig in den Ohren der Schotten und so wurden daraus schon bald – sie ahnen es – die MacCrimmons
Der Rest ist Geschichte, aber einmal mehr muss man fragen:
Wer hat‘s erfunden? 😉
Herzliche Grüße von Peter Küng
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